Der Anfang

Die frühen Jahre

Ein "richtiges " Festival

Jetzt und in Zukunft

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Der Anfang

Manchmal entstehen wichtige Entscheidungen aus Langeweile. Genauer gesagt, um die Langeweile zu verhindern, die bei einer Riesen-geburtstagsfeier 1983 angesagt war, nachdem das ganze leckere Essen aufgegessen war und nur noch Bier trinken und Quatschen angesagt war. Das ging nicht gut, denn in "vorgerückter Stunde" probierten ein paar Leute leider aus, wie lange diverse Einrichtungsgegenstände den Kraftproben Widerstand leisten konnten.

So gabs zum Aufräumen am nächsten Tag nicht nur Essensreste und Getränkelachen zu beseitigen. "Ich hab mir überlegt," sagte Gerd "Reißl" Reiß, "im nächsten Jahr müssen wir so was wie ein Programm machen. Bloß Essen und Trinken - das is nich so doll. Vielleicht bringst Du mal unsere Filme mit ?"

Da wars passiert. Mit diesen scheinbar unspektakulären Worten sollte eine neue Ära im Amateurfilmschaffen eingeleitet werden war das Wilsdruffer Filmfestival geboren. Genauer gesagt, in dem Moment, als gleich 3 Leute die von ihnen gedrehten Super8-Filme aufführen wollten. "Da können wir ja gleich ein Filmfestival draus machen.", meinte irgendeiner. Und weil zu einem Festival auch eine Jury und Preise dazu gehören, wurde die Geburtstagsfeier um einen abendfüllenden Programmpunkt reicher.
Nebenbei bemerkt spielte zum ersten Filmfestival auch eine Band namens "Deutsche Demokratische Musik" und besagter Reißl erhielt als Geburtstags-kind einen vielumjubelten Auftritt als Soloschlagzeuger geschenkt. Stilgemäß hatte er den Abend in Schlips und schwarzem Anzug eröffnet. Und damit auch keiner Grund zum Weinen hat, wurde beschlossen, jedem Beitrag einen Preis zu überreichen. Als Preise gab es (Überraschung) bunte Gummiquietschtiere.

Kenner des Filmfestivals haben bei der Aufzählung feuchte Augen bekommen. Alle genannten Punkte sind zur guten Tradition geworden ! Und die Mitstreiter der ersten Stunden haben auch sehnsüchtige Erinnerungen an diese Zeit. Damals gabs nämlich gutes Essen und Trinken umsonst...

Dass schon dieser erste Event (um nicht schon wieder F*lmf*stival schreiben zu müssen) ein allseits beachteter Erfolg war, lässt sich auch in einem Stasiprotokoll nachlesen. Besonders bemerkenswert ist vielleicht, dass der spätere Starschauspieler Camillo S. in seiner "Affenrolle" beim Episodenfilm einen gesonderten Eintrag bekam. Selbst die Stasi bescheinigte der Veranstaltung einen hohen Spaßfaktor.

Das wäre trotzdem noch zu kurz gegriffen. Den neben den lustigen Filmen vom Studio Wilsburg liefen auch tricktechnisch super gemachter Filme vom Studio Dohnafilm. Ein dokumentarischer Filmansatz wurde von Schily, einem Einzelkämpfer aus Meißen vertreten.

Und zur Krönung wurde auch noch ein winzig kleiner Film direkt an diesem Abend gedreht. Leider konnten die eingesetzten Lampen nicht recht überzeugen, nur die Mitwirkenden können sich wohl richtig vorstellen, was die umhergeisternden Schatten da eigentlich machten. Dieser Streifen trägt deshalb bezeichnenderweise den Titel "Und kann mich dunkel erinnern..."

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Reißl 1983

T.R. mit Fahne

T.R. mit Fans

Schilly in der Burenschänke

Schilly aus Meißen beim 1. Filmfestival

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Die frühen Jahre

Trotzdem war noch manches anders. Es blieb immer noch der "Reißl"-Geburtstag und hieß das Wilsburg-Filmfestival. Organisiert hat die Geschichte tatsächlich Reißl allein. War schon heftig, obwohl ihm alle geholfen haben. Es kamen ja in jedem Jahr mehr Leute. Waren zwar jede Menge schöner Mädchen und interessanter Jungs dabei, aber als Veranstalter gabs mehr zu tun als zu genießen.

In dieser Zeit fand das Filmfestival in verschiedenen Räumlichkeiten statt. Wichtig für Wilsdruff war (ist) vor allem das JuGendCenter, der ehemalige Heizungskeller unter der Kirche. In fast unzugänglichen Archiven müsste sogar noch ein kurzes Videotape aus dieser Zeit zu finden sein. Damals wurden ausschließlich Super8-Schmalfilme gezeigt (hm, es gab auch Normal8-Fime). Da die Tonsynchronisation fast unmöglich war, gab es eher untermalende Musik von Kassette. Das Studio Wilsburg brillierte in einer fast vergessenen Tradition des Kino-Erzählers. So konnten ja nebenbei die eher weniger geglückten Szenen gekonnt umgedeutet werden...

Nicht zu vergessen ist dabei, dass eine Filmrolle (3 Minuten Länge) immerhin 28,- Mark kostete. Meine Wohnungsmiete zum Vergleich 19,10 Mark. Da blieb also nicht so viel Material zum Wegschneiden. Die Szenen wurden also oft genug geprobt und mussten dann einfach klappen.

Die extrem schwache Lichtempfindlichkeit, der fehlende Ton, das Ergebnis erst nach Wochen und die hohen Kosten machten den Unterschied zum heutigen Video aus. Trotzdem gab es in der DDR ein agile Super8-Szene. Der rührige Thomas Werner aus Berlin gab sogar eine Szenezeitschrift heraus. Die hieß "Koma-Kino" und veröffentlichte auch einen Beitrag aus Wilsdruff ("Kunst und Bockwurst").

 

im JuGendCenter ganz früher

 

Ein "richtiges " Festival

Nun war der Punkt erreicht, wo für die Massen ein neuer Raum gesucht werden musste. Zufällig tauchte in diesem Jahr auch das erste Video auf ("Die Feuerwehr empfiehlt" von CVJM). Zwar war der Film aufgrund seiner Machart der Renner des Abends, aber in diesem Jahr konnten die Filme noch punkten - sie wurden auf einer großen Leinwand gezeigt, während sich das Video mit einem 60cm-Fernseher begnügen musste, der immerhin oben auf einem Schrank stand.

Ein Freund hatte nämlich seine Werkhalle zur Verfügung gestellt. So konnte nach dem Ausräumen ein ziemlicher Saal genutzt werden. Und nicht nur der Platz, auch jede Menge Holz für ein Riesenfeuer zeigten den Sprung in eine neue Qualität.

Schon im nächsten Jahr wurde der Traum wahr: richtiges Kinofeeling auf einer Leinwand mit einem Videobeamer. Und Massen Leute.

Davon hatten dann ganz wenige noch ein Geschenk mit. Der Geburtstag war zu einer (ziemlich teuren) Nebensache geworden. Also musste etwas passieren.

Die Organisation übernahm nun der neugegründete Rockverein. Die bis dahin private Veranstaltung beschäftigte sich nun mit Versicherungspolicen und Catering. Die Preise blieben aber publikumsfreundlich. Die Besucher (über 400 Leute) sind zufrieden. Angenehmer Nebeneffekt: Ein kleiner Bandauftritt gehört jetzt fast immer dazu. Mittlerweile wurde auch das Akkustikproblem gelöst.

Außerdem ist ein Riesen-Lagerfeuer zur Tradition geworden. Vor allem der Freitag ist zu einem Leute-treffen-und-quatschen-Tag geworden. Für die Cineasten werden trotzdem heftig viele Filme bis morgens gezeigt. Selbst der anstrengendste Film aller Zeiten ("Der Berg ruft") ist auf Wunsch und bei Verfügbarkeit zu sehen..

Seit 2004 gibt es einen richtigen Film über das Filmfestival. Ein professionelles Filmstudio beobachtete die Wilsdruffer bei den Dreharbeiten und zum Event. (Die Gans, das Biest und die anderen [Eichberg-Film 2004])

Jetzt und in Zukunft

  • Reißl eröffnet das Festival im schwarzen Anzug.
  • Das Festival findet am ersten Maiwochenende statt.
  • Der Eintritt ist kostenlos.
  • Am Freitag werden die alten, am Sonnabend die aktuellen Filme gezeigt.
  • Die Jury wird erst kurz vorher bestimmt.
  • Jeder Fim bekommt einen Preis.
  • Die Preise sind Gummiquietschtiere.
  • "Yellow water" wird garantiert gezeigt.

Das nächste Filmfestival findet am ersten Maiwochenende 2006 in Wilsdruff, wieder im Gewerbehof Ruppert, Landbergweg 34, statt. Am Freitag werden die Beiträge des Vorjahres und ausgesuchte (später auch nach Wunsch !) Filme aus allen Jahren gezeigt.

 

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